Gemeinsame Stellungnahme der AGVL und zahlreichen weiteren bundesweiten Bürgerinitiativen zu den Koalitionsvereinbarungen der neuen Bundesregierung

Anlässlich der Bildung der neuen Bundesregierung wendet sich die Arbeitsgemeinschaft Verkehrslärm Region Leonberg zusammen mit zahlreichen weiteren Verkehrslärm-Bürgerinitiativen aus dem Bundesgebiet mit einem gemeinsamen Papier an die neue Bundesregierung und die Abgeordneten des Bundtages.

Hintergrund ist, dass der Koalitionsvertrag der neuen Regierung einige gute Ansätze für eine Verbesserung des Lärmschutzes enthält. Daher  setzen wir große Hoffnungen in die neue Regierung ebenso wie in die Opposition, dass in der aktuellen Legislaturperiode im Lärmschutz endlich ein wesentlicher Fortschritt gegenüber der bisherigen Situation erzielt werden kann. Es gibt allerdings viele Stolpersteine in diesem Vertrag, auf die wir aufmerksam machen möchten. In dem gemeinsamen Papier werden die einzelnen Lärmschutz-Positionen des Koalitionsvertrages beleuchtet und dazu Kommentare verfasst, die helfen sollen, nicht nur die interne Sicht des Ministeriums, sondern auch die Sicht von Bürgern, Fachleuten und Wissenschaftlern kennenzulernen.

Die wesentlichen Punkt sind:

  • Betrachtung des Gesamtlärms – keine isolierte Einzelbetrachtung von Straße, Schiene oder Flugverkehr mehr, wie es bisher der Fall ist
  • Einheitliche und rechtlich verbindliche Vorgaben für Lärmschutz, insbesondere für Grenzwerte, ausgerichtet an den wissenschaftlichen Erkenntnissen des Gesundheitsschutzes, nicht so wie bisher an mehr oder weniger zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln
  • Rechtliche Gleichstellung von Neubau und Bestand
  • Beseitigung der Privilegierung des Verkehrs als Lärmverursacher gegenüber der Industrie und den Bürgern
  • Regelmäßige Überprüfung des Lärmschutzes und gesetzlicher Anspruch auf Verbesserung bei hohen Verkehrszunahmen (nicht nur bei baulichen Veränderungen)

Vor diesem Hintergrund  ist eine komplette Überarbeitung der inzwischen völlig veralteten und  viel zu komplizierten Lärmschutzgesetzgebung unumgänglich. Im Grundsatz stammt diese Gesetzgebung noch aus den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Sie sollte insbesondere auch die EU-Lärmaktionsplanung mit integrieren.

Besonders wichtig ist dies für Leonberg und Umgebung, da dieser Raum mit großen internationalen Verkehrswegen der Straße und Schiene hoch belastet ist und teilweise in der Einflugschneise des Stuttgarter Flughafens liegt.  Wie stark wir darauf angewiesen sind, dass sich die Bundesgesetzgebung verbessert, haben wir anlässlich der Lärmaktionsplanungen der Städte konkret gesehen. Die Stadt Leonberg hat u.a. zu dieser Problematik eine Resolution verfasst, die wir sehr begrüßen.

Konkret sichtbar wird dies aktuell bei der bevorstehenden Lärmsanierung der Bahnstrecke Kornwestheim – Renningen werden. Das zur Anwendung kommende Verfahren kann nach den derzeitigen Bestimmungen nur zu einem ‘Lärmschutz- Light‘ führen. Das Verfahren ist freiwillig, d.h. es gibt keinen Rechtsanspruch, die Grenzwerte sind viel höher als bei Neubau oder einer wesentlichen Änderung und es gibt baurechtliche Einschränkungen. Die den Berechnungen für die Dimensionierung des  Lärmschutzes zugrunde liegenden Zugzahlen sind nicht transparent und stammen von der Bahn selbst, d.h. dem Verursacher des Lärms. Zukünftig zu erwartende Entwicklungen der Bahnstrecke werden kaum berücksichtigt (siehe z.B. unser Papier anlässlich des Umleitungsverkehrs wg. der Havarie in Rastatt im letzten Jahr)  Wir hoffen trotzdem, dass wir gemeinsam mit der Bahn und  den Anliegerstädten zu einem für die Anlieger zufriedenstellenden Ergebnis kommen werden. Wir hoffen insbesondere auf das Verhandlungsgeschick unseres neuen Leonberger Oberbürgermeisters Kaufmann.

Auch die extreme Zunahme des Verkehrs auf den Autobahnen A8/A81 und der B 295/B464 zeigt die Dringlichkeit der Probleme auf. Die folgende Grafik zeigt die Verkehrszunahme zwischen den Jahren 2010 und 2015 an verschiedenen Streckenabschnitten:

Verkehrszählungen Verkehrssteigerungen Raum Leonberg

Die Steigerungsraten von bis über 40% in dieser relativ kurzen Zeitspanne  und bei den von Anfang an bereits sehr hohen Verkehrsmengen müssten eigentlich automatisch dazu führen, dass der Lärmschutz geprüft und verbessert wird. Die gesetzlichen Vorgaben sehen dies aber nicht vor, weil sie auf solch hohe Verkehrsmengen nicht ausgelegt sind. Die Lösung kann aber nicht darin bestehen, nichts zu tun und die Bürger den gesundheitlichen Gefahren auszusetzen.

Große Hoffnungen richten wir besonders auf unseren neuen Staatssekretär im Verkehrsministerium des Bundes Bilger, da er unsere Sorgen und Nöte bestens kennt und nun an einer entscheidenden politischen Schaltstelle sitzt. Selbstverständlich freuen wir uns auch weiterhin auf Unterstützung der anderen lokalen Abgeordneten des Bundestags und des Landtages und der Landesregierung.

Links:

- Pressemitteilung (inhaltlich weitgehend gleich mit dem Artikel)
- Anschreiben der BI Pro Rheintal an die Bundestagsabgeordneten

- Kommentare zu den Koalitionsvereinbarungen