Der langjährige Druck betroffener Bürger zeigt erste zaghafte Wirkung: Der Bundestag hat noch Dezember dieses Jahres zwei Maßnahmen gegen den Bahnlärm beschlossen:

  • Die Abschaffung des Schienenbonus
  • Die Einführung von lärmabhängigen Trassenpreisen

Während der Schienenbonus nur für neue Vorhaben gilt, sind die lärmabhängigen Trassenpreise für alle Schienenstrecken wirksam und damit gibt es zum ersten mal überhaupt eine gesetzliche Vorschrift zum Lärmschutz, welche an Bestandsstrecken wirksam werden kann. 

Natürlich sind beide Maßnahmen zu begrüßen, Vor allem als Signal dafür, dass endlich begonnen wird, für den Lärmschutz an Bestandsstrecken gesetzlich überhaupt etwas zu tun. Leider hat es der Bahnsektor allerdings verstanden, die tatsächlich Wirkung dieser Maßnahmen stark zu verwässern und unnötig in die Länge zu ziehen. So soll die Abschaffung des Schienenbonus erst im Jahre 2016 erfolgen, d.h. es sind nur zukünftige Vorhaben betroffen, bei denen die Planfeststellung nach diesem Termin erfolgt. Bekanntlich dauern sogar kleine Bahnvorhaben viele Jahre, so dass die Wirkung dieser Maßnahme de facto frühestens in etwa 10 Jahren zu erwarten ist. Auch die Einführung lärmabhängiger Trassenpreise geschieht nur halbherzig: Sie zielt derzeit ausschließlich darauf ab, alte Güterwagen von Graugussbremsen auf Kunstoffbremsen umzurüsten. Das Ziel ist wenig ehrgeizig. Erst bis zum Jahre 2020 soll die Umrüstung abgeschlossen sein. Hinzu kommt: Die Umrüstung geschieht freiwillig, d.h. der Zielzeitpunkt ist nicht bindend. Man vertraut lediglich darauf, dass der finanzielle Anreiz des neuen Trassenpreissystems so groß ist, das die Güterwagen-Betreiber bis dahin ihre alten Wagen umgerüstet haben. Ob dies wirklich funktioniert, ist keineswegs sicher. Technisch und organisatorisch wären jedenfalls keine 8 Jahre für die Umrüstung aller deutschen Güterwagen erforderlich. So hat die Schweiz z.B. bereits fast alle ihre Güterwagen umgerüstet. Deutschland hinkt mal wieder hinterher. 

Auch der Begriff 'Lärmabhängige Trassenpreise' ist in gewisser Weise Etikettenschwindel. Denn alleine für die Umrüstung der Güterwagen auf leisere Bremsen wäre ein solch bürokratisch recht aufwändige System nicht notwendig. Die Umrüstung könnte auch einfach durch eine entsprechende Verordnung erfolgen. Zumal die Maßnahme ohnehin mindestens zur Hälfte durch den Staat finanziert wird, was die EU auch prompt zu einer entsprechenden Intervention veranlasste (inzwischen ist der Konflikt beigelegt). Dabei wäre ein echtes Lärmabhängiges Trassenpreissystem eine sehr sinnvolle Maßnahme. 'Echt' insofern, als es so gebaut sein sollte, dass es -unabhängig von der Art der Technik- einen wirkungsvollen Anreiz zur nachhaltigen Lärmreduzierung an der Quelle darstellte. Davon sind wir leider nun weiter weg als zuvor, da ein neuer Anlauf wieder viel Zeit in Anspruch nimmt und sicherlich von der Bahnlobby heftig bekämpft wird.

Man kann die derzeitige Situation vielleicht so zusammenfassen: Der Druck der Anlieger wirkt. Ein erster zaghafter Anfang ist gemacht, aber es ist noch sehr viel mehr zu tun, bis vor allem die Güterzüge in Verbindung mit der Bahninfrastruktur (Gleise, Brücken usw.) so leise sind, dass es für die Anlieger tragbar ist. Die Technik dafür gibt es jedenfalls bereits heute. Alleine der Wille zur zügigen und verbindlichen Umsetzung fehlt nach wie vor.