Da wir aus zahlreichen Diskussion wissen, dass zu den Grenzwerten / Zielwerten usw. oft große Verwirrung herrscht (siehe auch Informations- Veranstaltung der Stadt am 26.November 2015), versuchen wir hier nochmals eine kurze Beschreibung der Situation der wichtigsten Fakten aus unserer Sicht:

Die EU-Verordnung legt keine Grenzwerte fest, wohl aber Auslösewerte für die Kartierungen. Kartiert werden muss über den ganzen Tag gerechnet ab Lden 50 db(A), nachts Lnight ab 45 db(A). Weitere Festlegungen gibt es nicht. Zur Erläuterung dieser Lärmindizes verweisen wir auf entsprechende die Anlage des Soundplan- Gutachtens.

Die deutsche Gesetzgebung definiert verbindliche Grenzwerte nur für den Neubau oder eine wesentliche Änderung von Verkehrswegen. An Bestandstrecken gibt es keine einklagbaren Grenzwerte. Es gibt lediglich Obergrenzen, bei deren Überschreitung die gängige Rechtssprechung in jedem Fall von einer Gesundheitsgefährdung ausgeht. Diese liegen in Wohngebieten tagsüber bei einem Mittelungspegel von 70 db(A), Nachts bei 60 db(A). Diese Werte sind inzwischen in verschiedene Vorschriften und Empfehlungen eingegangen und liegen auch den freiwilligen Lärmsanierungsprogrammen des Bundes als Auslösewerte zu Grunde (siehe auch Anlage 1 des Soundplan- Gutachtens). Diese Werte sind somit lediglich Minimalziele, die auch ohne Lärmaktionsplanung bereits anzustreben sind bzw. angewandt werden.

Für den Lärmaktionsplanung der Gemeinden gibt es keine verbindlichen Auslöse/Zielwerte. Dies hat für die Lärmaktionsplanung der Gemeinden den Vorteil, dass sie in der Definition ihrer Zielwerte frei sind. Es gibt lediglich Empfehlungen des Landes und anderer Institutionen, wie z.B. vom Umweltbundesamt oder auch Lärmschutznormen für andere Zwecke (DIN-Normen, TA Lärm).

Der vorliegende Entwurf setzt wie bereits in der Stufe 1 nur die Minimalziele 70 dB(A) (Tag) und 60 db(A) (Nacht) als Auslösewerte für Maßnahmen fest. Diese Auslösewerte sind viel zu hoch und entsprechen nicht den Empfehlungen des Landes Baden-Württemberg. Die EU-Richtlinie zielt eher auf die Lärmvorsorge – diese muss bereits bei erheblich tieferen Pegeln beginnen. Nicht ohne Grund setzt die Kartierung gemäß EU-Richtlinie bereits bei niedrigeren Pegeln ein. Wir verweisen auf Lärmaktionspläne anderer Städte in Baden-Württemberg, welche deutlich tiefere Auslösewerte ansetzen (z.B. Stuttgart).

Auch das Umweltbundesamt ist ähnlicher Meinung.

Laut Umweltbundesamt sind zur Vermeidung von Gesundheitsgefährdungen und zur Minderung bzw. langfristigen Vermeidung erheblicher Belästigungen bereits für die Lärmaktionsplanung Stufe 1 nachstehende Auslösekriterien für die Aktionsplanung erforderlich gewesen:

Umwelthandlungsziel Zeitraum LDEN Lnight
Vermeidung von Gesundheitsgefährdung kurzfristig 65 dB(A)

55 dB(A)

Minderung der erheblichen Belästigung mittelfristig 60 dB(A)

50 dB(A)

Vermeidung von erheblicher Belästigung langfristig 55 dB(A)

45 dB(A)

Kriterium ist die Überschreitung einer der beiden Werte - des 24-Stunden-Wertes LDEN oder des Nachtwertes LNight.

Das Umweltbundesamt hat hierzu zur Stufe 1 ein entsprechendes Positionspapier herausgegeben, in dem die genannten Auslösewerte anhand des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und dem aktuellen Erkenntnisstand zu den wichtigsten Lärmwirkungsbereichen (Belästigung, Kommunikation, Erholung, Schlaf und Erkrankungen) abgeleitet werden.

Ebenso empfiehlt die Norm DIN 18005 „Schallschutz im Städtebau“10 als Orientierungswerte für Wohngebiete Lday = 55 dB(A) und Lnight = 45 dB(A). Keine Lärmaktionsplanung sollte den von sachverständigen Experten in einer Norm niedergelegten Stand der Technik leichtfertig ignorieren.

Wir halten den Ansatz dieser Auslösewerte im Sinne einer vernünftigen Lärmvorsorge der Bürger für besser geeignet und empfehlen daher, dass Leonberg diese Ziele zu Grunde legt. Selbstverständlich ist klar, dass diese Ziele nicht von heute auf morgen erreichbar sind. Daher sieht die EU-Richtlinie auch vor, dass die Lärmaktionsplanung strategisch angegangen werden muss und dazu ein kurz- mittel- und langfristiges Konzept erstellt werden sollte. Ein solches Konzept fehlt im vorliegenden Entwurf.